Klinge10
     
Newsletter April 2019

Liebe Freund*innen und Unterstützer*innen der Klinge10,

in den letzten 1 1/2 Jahren ist viel passiert rund um das erste Leipziger Neubauprojekt, das sich anschickt Teil des Mietshäuser Syndikats zu werden. Mit diesem ersten Newsletter wollen wir einen kleinen Jahresrückblick unternehmen und mit euch teilen.

Es ist mit großen Schritten voran gegangen, es bleibt aber viel zu tun. Deshalb freuen wir uns weiterhin über jede Unterstützung. Vor allem sind wir immer noch auf der Suche nach Direktkreditgeber*innen. Vielleicht habt ihr selbst einige Euro übrig? Oder ihr kennt Menschen, die einem sozial-ökologischen Hausprojekt mit einem Direktkredit unter die Arme greifen möchten? Spread the Word! Mehr Infos zu Direktkrediten gibt es online.

Wir halten euch auf dem Laufenden, wie es weiter geht... und sehen uns hoffentlich, wenn es bald erste Aktionen auf dem (noch) leeren Grundstück gibt. Merkt euch schon mal Samstag, den 20.04., vor, wenn wir die frisch improvisierte Feuerstelle mit einem Osterfeuer einweihen.

Es grüßt
Die Klinge10

Jahresbrief 2018

Nun ist bereits 2019 und es gibt einiges zu berichten! So viel ist geschehen die letzten Monate. Dieser Brief ist der Versuch, einen kleinen Eindruck zu geben, was es heißt, ein Neubau-Wohnprojekt zu realisieren. Viel Freude beim Lesen!

Wie alles begann...

Das Baugrundstück in der Klingenstraße 10Im August 2017 schrieb die Leipziger Wohnungsbaugenossenschaft (LWB) gemeinsam mit dem Netzwerk Leipziger Freiheit (NLF) und dem Amt für Stadterneuerung und Wohnungsbauförderung (ASW) erstmalig zwei Grundstücke im Leipziger Westen über ein Konzeptverfahren aus. Auch die Klingenstraße 10 gehörte zu den auserkorenen Flächen. Ziel war es, anhand verschiedener Kriterien, wie angestrebtem Mietpreis, Ökologie und dem Mehrwert für die Nachbarschaft, eine geeignete Baugemeinschaft als Kooperationspartnerin für einen Erbpachtvertrag über 99 Jahre zu finden... Für diesen Zwecke starteten die Gründungsmitglieder Anne und Marcus einen Aufruf zum Mitmachen über das NLF. Nach und nach fanden sich Interessierte und Engagierte zu den wöchentlichen Plena in den Räumen der Zolle11 ein.

So gab es bereits im Oktober eine Gruppe von zehn erwachsenen Menschen plus acht Kindern, die sich vorher nicht oder nur zum Teil kannten, aber alle auf genau ein und die selbe Sache Lust hatten: gemeinschaftliches Wohnen. Neben Anne und Marcus waren das: Anett, Bernhard, Clemens, David, Hauke, Linda, Mara, Vivien. Eine der ersten großen Aufgaben der Gruppe war das Ausmachen eine*r Architekt*in, der*die sich auf diesen Prozess mit all seinen Herausforderungen einlassen wollte. Zum Glück haben wir solch eine Person in Dirk Stenzel von asuna - Atelier für strategische und nachhaltige Architektur gefunden.

Die Klinge10 und das Mietshäuser Syndikat

Eine weitere große und wichtige Entscheidung war in den ersten Monaten auch, welche Form der Organisation wir für uns wählen wollen. Schnell war klar, dass wir in die Fußstapfen vieler Leipziger Hausprojekte treten und uns dem Mietshäuser Syndikat, kurz MHS, als selbstverwaltete Organisationsform anschließen wollen.

Damit ist auch die Entscheidung gegen Eigentum gefallen – eine Wahl, die in Zeiten des zunehmenden privatwirtschaftlich organisierten Immobilienmarktes eine solidarische und kollektive Alternative darstellen soll! Das Mietshäuser Syndikat ist aber noch viel mehr als das – es bot uns als frisch gegründete Gruppe die Möglichkeit, auf Beratungsstrukturen zurückzugreifen und beispielsweise beim Besuch der MHS-Vollversammlung im Dezember 2017 in Berlin in den Austausch mit anderen Projekten aus ganz Deutschland zu kommen. Für uns ein wertvoller Blick über den Tellerrand…

Ende 2017 war es nach intensiven Monaten der Auseinandersetzungen über die große und uns alle herumtreibende Frage nach dem „Wie wollen wir gemeinsames Wohnen gestalten?“ endlich soweit: Wir konnten mit aufgeregt klammen Händen unser Konzept den entscheidenden Trägern der Stadt Leipzig übergeben! Besonders in unserem Konzept ist, dass wir ein gemeinschaftlich selbstverwaltetes Mietshaus bauen wollen. Dies ist unsere Antwort auf eine profitorientierte Wohnungspolitik einerseits.

Andererseits entwickelten wir damit auch ein nachhaltiges Wohnungskonzept, in dem Räume zum gemeinsamen Leben geschaffen werden. Hierzu ein Auszug aus unserem Konzept:

„Es wird Ein- bis Sechsraumwohnungen geben, die sich um Gemeinschaftsflächen herum gruppieren. Hier verfolgen wir das Modell von Clusterwohnungen: Es gibt große Gemeinschaftsräume, insbesondere Gemeinschaftsküchen und -bäder, die von mehreren Mietparteien gemeinsam genutzt und finanziert werden. […] Die gemeinsam genutzten Flächen ermöglichen, auch mit geringem Budget Raum- und Nutzungsbedürfnisse zu erfüllen, die in konventionellen Wohnungen nicht möglich wären. Räume wie Werkstatt, Küche, oder Bad werden üblicherweise nur einen kleinen Anteil des Tages tatsächlich genutzt, so dass durch das Teilen der Räume Synergien entstehen.“

Eine weitere Besonderheit an unserem Konzept ist, dass wir im Erdgeschoss explizit Flächen vorsehen, die nicht zur privaten Nutzung vorgesehen sind:

„Im Erdgeschoss des Hauses planen wir flexibel nutzbare Werkstatt- und Aufenthaltsräume mit Küche und Sanitäranlagen, die sich einer externen Mitnutzung öffnen. Ein zweiter Raum im EG ist zur Nutzung als Gewerbefläche vorgesehen. Diese Fläche soll an Organisationen oder Gewerbetreibende vermietet werden, die ebenfalls sozial-integrative bzw. gemeinnützige Ziele verfolgen und somit im Einklang mit dem Konzept unseres Hauses stehen.“

Hier wird deutlich, worum es uns als Gruppe geht – wir wollen ein Haus schaffen, dass nicht nur Wohnraum bietet, sondern auch ein Ort der Begegnung für Menschen aus dem Kiez und darüber hinaus eröffnet.

Die Entscheidung der Jury - Wir haben es geschafft!

Die Mühen des Konzeptvergabeverfahrens und den Austritt von zwei Menschen aus der Gruppe noch in unseren Knochen, bekamen wir bereits kurz nach dem Jahreswechsel die glückliche Nachricht: Wir hatten es tatsächlich geschafft, mit unserem Konzept die Jury zu überzeugen! Die Freude war unbeschreiblich groß. Mit diesem wesentlichen Schritt wuchs auch die Aufmerksamkeit von außen und erste Interviewanfragen, die wir dankbar angenommen haben, trudelten bei uns ein. So wird beispielsweise voraussichtlich im Februar 2019 ein Interview in der „Blauen Reihe“ der Stadt Leipzig erscheinen.

Doch war uns auch allen klar, dass die eigentlich Arbeit erst da begann. Wollten wir wirklich den Erbbaupachtvertrag mit der LWB unterschreiben, mussten wir in den nächsten Monaten von der Theorie in die Praxis kommen. Das hieß für uns konkret, dass wir für den Eintritt in das Mietshäuser Syndikat die passende Organisationsform, GmbH und Verein, haben mussten. Eine Menge Bürokratie! Dass dies mit der geschrumpften Gruppe nur schwer möglich war, wurde uns schnell bewusst. Also trafen wir uns bereits im Februar 2018 mit Interessierten und wurden auf der Suche nach Gleichgesinnten fündig: Maria und Kai samt Kindern und vielen tollen Ideen und hilfreichen Vorerfahrungen gehören nun schon seit einem Jahr zu uns, zur Klinge10.

Arbeiten an den GrundrissenUm die Arbeit weiter voran zu bringen und um uns alle besser kennen zu lernen, blieb es nicht nur beim wöchentlichen Plenum, nunmehr in den Räumlichkeiten der Neuen Bäckerei in der Josephstraße. Wir trafen uns außerdem an vier Wochenenden zu Workshops, welche zu verschiedenen Themen, wie Zeitplanung oder Arbeit an den Grundrissen, stattfanden.

Das Zusammenarbeiten war bereichernd und schön, wenn auch nicht immer ohne Anstrengungen. Das Abgleichen und Angleichen unserer Ideen vom gemeinsamen Bauen und Wohnen legte dabei viele Gemeinsamkeiten, aber auch Differenzen offen. Der Ausstieg von zwei Mitgliedern im Sommer 2018 führte uns vor Augen, dass trotz unserer Anstrengungen nicht jeder Konflikt einvernehmlich gelöst werden konnte. Ein Abschied, der für uns als Gruppe irgendwie auch ein Neuanfang war, denn eines wurde dadurch um so mehr deutlich: Wollen wir wirklich als Gemeinschaft zusammen wohnen, in der alle gleichwertig gehört und Entscheidungen im Konsens getroffen werden, müssen wir uns mit all unseren unterschiedlichen Persönlichkeiten wahrnehmen und lernen, uns zuzuhören. Eine Aufgabe, die seitdem mehr in unseren Köpfen und in unserem Tun verankert ist.

Und dann kam endlich der Moment, auf den wir alle über Monate hingearbeitet haben: Am 14. September 2018 trafen wir uns mit Vertreter*innen der LWB, um den Erbpachtvertrag zu unterschreiben. Für uns hieß das, dass nun wahr wurde, was vorher nur ein Gedanke war. Damit konnten wir es in die Welt tragen – die Klinge10 soll das erste Mietshäuser Syndikats Neubauprojekt in Leipzig werden!

Wie es nun weitergeht...

Menschen als Direktkreditgeber*innen für das Projekt Klinge10 zu gewinnen ist, was uns seitdem intensiv beschäftigt. Wie können wir unser Projekt bekannter machen? Wie können wir Unterstützer*innen unserer Ideen finden, die uns mit Direktkrediten helfen, den Eigenanteil von mind. 20 Prozent der geplanten Baukosten (ca. 1,5 Mio. Euro) für den Bankkredit zusammen zu kriegen? Wie finden wir Menschen, die mit uns in der Klinge10 wohnen und die Gewerbe- und Projektflächen nutzen wollen? Diesen Fragen widmeten wir im November 2018 unseren letzten Workshop, den wir als Wochenendfahrt gestalteten, und beschlossen das Jahr 2018 mit einem Bündel an weiteren Aufgaben, die es nun Schritt für Schritt zu bewältigen gilt.

Dazu gehört auch das Verschriftlichen eines Selbstverständnisses, dass transparent macht, wer wir sind und für welche Werte in unserer Gesellschaft wir stehen. Mit einigen Gedanken aus diesem Selbstverständnis wollen wir diesen Jahresbrief enden lassen und machen uns auf in ein hoffnungsvolles Jahr 2019:

„Wir wollen gemeinschaftlich und solidarisch zusammen wohnen und leben. Nicht neben- oder gegeneinander, sondern miteinander. Solidarität soll unsere Antwort auf Vereinzelung, Konkurrenz, Unterdrückung und Diskriminierung sein.“

     
 
   
 
To unsubscribe click here, to edit your profile click here.