Selbstverständnis

Gemeinsam statt einsam

Wir wollen gemeinschaftlich und solidarisch zusammen wohnen und leben. Nicht neben- oder gegeneinander, sondern miteinander. Solidarität soll unsere Antwort auf Vereinzelung, Konkurrenz, Unterdrückung und Diskriminierung sein.

Konzepte und Verhaltensweisen, die im Mainstream der Gesellschaft als gegeben angenommen werden, sind für uns nicht selbstverständlich, sondern hinterfragbar. Das Hausprojekt soll den Raum schaffen, alternative Wege des Zusammenlebens zu erforschen und unsere geeigneten Umgangsweisen mit den Bedürfnissen der Bewohner*innen der Klingenstraße 10 zu finden.

Der Umgang z.B. mit veränderten Lebensumständen, die Aufteilung von Care-Arbeit und die Berechnung von Mietanteilen soll Teil der gemeinschaftlichen Auseinandersetzung sein.

Bezahlbarer Wohnraum für alle

Wir schaffen und erhalten unverkäuflichen Wohn- und Wirtschaftsraum in Form von Gemeinschaftseigentum. Durch eine kollektive Aneignung dient das auf dem Grundstück Klingenstraße 10 errichtete Gebäude dem solidarischen Wohnen und Wirtschaften anstatt der kapitalgetriebenen Immobilienspekulation.

Unsere Räume sollen auch für Menschen mit geringem Einkommen bezahlbar sein und werden langfristig und nachhaltig zur Miete betrieben. Bewohner*innen müssen sich nicht mit privatem Kapital an der Finanzierung des Baus beteiligen.

Eine Umwandlung von Wohnraum zu Privateigentum ist nicht möglich. Die Mitgliedschaft im Mietshäuser Syndikat stellt die Unverkäuflichkeit unseres Hauses sicher. Auch die dauerhafte Untervermietung durch Mitglieder des Hausvereins an Dritte ist nicht vorgesehen.

Der Kampf um bezahlbaren Wohnraum für alle soll mit dem Bau unseres Hauses für uns nicht zu Ende sein. Wir wollen uns als Bewohner*innen des Hauses auch darüber hinaus engagieren. Sei es durch Unterstützung anderer Hausprojekte, durch Engagement im Mietshäuser Syndikat oder durch die Beteiligung an politischen Initiativen zur Kritik und Änderung der bestehenden Verhältnisse.

Selbstverwaltung

Als (zukünftige) Bewohner*innen eines selbstverwalteten Hauses übernehmen wir gemeinsam die Verantwortung und Aufgaben, die durch die Selbstverwaltung entstehen und achten darauf, dass Wissen, Arbeit und Verantwortung auf möglichst viele Köpfe und Schultern verteilt ist.

Buchhaltung, Geschäftsführung, Wartungsarbeiten, Reparaturen, Kommunikation mit Nachbar*innen, Nutzer*innen der Projektflächen im Erdgeschoss, Direktkreditgeber*innen, Behörden usw. übernehmen wir gemeinschaftlich.

Entscheidungsfindung im Konsens

Wir wollen beim Treffen unserer Entscheidungen niemanden übergehen. Jede Person soll mit ihren Bedürfnissen und Bedenken gehört werden. Jede Stimme hat das gleiche Gewicht, egal ob erster Stock oder vierter Stock, egal ob neu eingezogen oder von Anfang an dabei. Entscheidungen über alle Belange des Hauses werden auf dem Hausplenum von den Anwesenden im Konsens getroffen. Eine Entscheidung über Hausbelange außerhalb des Plenums ist nur nach ausdrücklicher Legitimierung durch das Plenum möglich.

Wir vertrauen darauf, dass sich jede*r Bewohner*in des Hauses über die mit dem Konsensprinzip verbundene Verantwortung für Einzelne bewusst ist.

Wir stellen uns der Herausforderung, während der sozialen Gruppenprozesse auch in den schwierigen Situationen angemessen zu handeln, die Konflikte zu erkennen und zu klären und Kritik immer wertschätzend zu äußern.

In Ausnahmesituationen und nur als letztes Mittel kann mit Konsens minus eins entschieden werden. Vor einer Anwendung dieser Maßnahme sollen andere Mittel der Konfliktlösung (beispielsweise durch externe Mediation oder Schlichtung) ausgeschöpft worden sein.

Aber auch den freudigen Momenten soll Platz eingeräumt werden, gegenseitiges Lernen ermöglicht, Vertrauen aufgebaut und unser Miteinander gefestigt werden.

Die Teilnahme am Plenum ist wichtiger Bestandteil unseres gemeinschaftlichen Zusammenlebens. Das bedeutet, die regelmäßige Teilnahme wird von allen Erwachsenen erwartet, sofern es die Lebensumstände zulassen. Kinder können an den Plena teilnehmen und sind dann stimmberechtigt.

Verein & GmbH

Im Verein Klinge10 sind alle volljährigen Bewohner*innen des Hauses Mitglied. Die Mitgliedschaft im Verein beginnt mit dem Einzug in das Haus (bzw. vor der Fertigstellung des Hauses mit der Aufnahme in die Gruppe) und erlischt mit dem Auszug. Andere Möglichkeiten Mitglied im Verein zu werden gibt es nicht.

Geschäftsführer*innen der GmbH sind immer Bewohner*innen der Klingenstraße 10. Eine Besetzung der Posten mit externen Personen ist nicht vorgesehen.

Befugt Entscheidungen zu treffen, sind allein das Plenum sowie Personen und AGs, an die das Plenum Entscheidungsbefugnisse delegiert hat. Mit den Posten der Vorstände und Geschäftsführer*innen gehen keine erweiterten Befugnisse oder Verantwortlichkeiten einher. Die Verantwortung für Entscheidungen tragen wir gemeinsam.

Sowohl die Vorstands- als auch die Geschäftsführungsposten werden alle zwei Jahre neu gewählt.

Ökologie & Nachhaltigkeit

Unser Haus soll möglichst nachhaltig und umweltverträglich errichtet und erhalten werden. Wir werden Baumaterialien verwenden, die möglichst umweltverträglich sind und das Haus so planen, bauen und bewohnen, dass möglichst wenig Energie, Wohnraum und andere Ressourcen verbraucht werden. Wir nutzen für die Strom- und Wärmeversorgung ausschließlich erneuerbare Energieträger.

Im Sinne einer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung und gegenseitigen Solidarität ist uns eine nachhaltige Lebensweise in allen Bereichen unseres gemeinsamen täglichen Lebens besonders wichtig. Das betrifft Lebensmittel, Mobilität, Infrastruktur, Haushaltsgeräte, Werkzeuge und Verbrauchsmaterialien. Durch nachhaltige Planung, gemeinschaftliche Nutzung und die Vermeidung unnötiger Anschaffungen und Verbräuche erproben und fördern wir ein ressourcenschonendes und umweltverträgliches soziales Miteinander.

Wirken nach Außen

Wir möchten als Hausgemeinschaft einen Beitrag zur soziokulturellen Stadtteilarbeit in unserem Kiez leisten. Dabei setzen wir auf die Vernetzung und Zusammenarbeit mit Nachbar*innen, Organisationen und Vereinen in der näheren Umgebung.

Im Erdgeschoss des Hauses wollen wir Flächen schaffen und betreiben, die eine Begegnung von Bewohner*innen des Hauses, der Nachbarschaft und Menschen darüber hinaus ermöglichen. Die Flächen sollen für kostenfreie bzw. kostengünstige Angebote im Bereich Kultur, Bildung und Politik wie Workshops, Lesungen und andere Veranstaltungsarten offenstehen. Das bereits bestehende Raumangebot im Quartier wollen wir sinnvoll ergänzen.

Gewerberäume

Die Gewerbeflächen im Erdgeschoss wollen wir an Projekte/Organisationen vermieten, die sich für die Verbesserung der Lebensbedingungen in unserer Gesellschaft engagieren. Eine Vermietung an Unternehmen oder Organisationen, die durch ihr Wirken gesellschaftlichen Schaden verursachen und/oder überwiegend profitorientiert agieren soll nicht erfolgen.

Mieter*innen der Gewerbeflächen können am Plenum teilnehmen und sind bei allen Belangen, die die Gewerbeflächen betreffen stimmberechtigt.

Respektvoller und diskriminierungsfreier Umgang

In unseren Räumlichkeiten, bei unseren Zusammenkünften und Veranstaltungen gehen wir respektvoll und wertschätzend miteinander und mit anderen um. Insbesondere dulden wir kein diskriminierendes Verhalten, wie z.B. rassistische, sexistische, homophobe Bemerkungen oder Verhaltensweisen und schreiten ein, wenn wir solche beobachten.

Wir bemühen uns auf Plena, in unserer internen Kommunikation und in unserer Außenkommunikation um die Verwendung diskriminierungsfreier Sprache.