Was für ein ereignisreiches Jahr für unsere Hausprojektgruppe! Nachdem wir Ende 2017 mit der Planung eines gemeinschaftlichen Wohnhauses begonnen haben und Anfang Januar 2021 der Bauantrag eingereicht werden konnte, wurde zu Beginn des Jahres 2022 endlich angefangen auf unserem Grundstück etwas zu tun. Und schaut man sich nun die Baustelle an … 🙂
Das Offensichtliche zuerst: Die Baustelle
Wenn wir es genau nehmen, wurden bereits im Dezember 2021 die ersten Schritte getan. Eine Zisterne wurde im Boden versenkt, die uns in Zukunft mit Regenwasser für unsere Toiletten versorgen wird.
Danach ging es weiter das Fundament auszubuddeln. Dabei kamen nicht nur die alten Klinkersteine wieder zum Vorschein, von denen wir einen Teil recycelt haben um unsere Fassade im Erdgeschoss damit zu verkleiden, sondern auch eher nicht so schöne Dinge, wie eine nicht unerhebliche Menge Sondermüll, die so nicht vorgesehen war.
Nachdem dies entsorgt werden konnte, begannen auch sofort die Arbeiten am Fundament des Hauses, welches im Juni fertiggestellt werden konnte. Zum Abschluss dieser Arbeiten – der offiziellen Grundsteinlegung – konnten wir im Mai auch eine Zeitkapsel versenken. Auf allerlei schöne Dinge können sich die Menschen freuen, die diese in ferner, ferner, ferner Zukunft einmal öffnen werden. 🙂
Wenn das Fundament fertig ist, beginnt auch sogleich der Rohbau. Die Holzelemente, die für uns im Werk vorbereitet wurden, wurden aufgestellt, ineinander verzahnt, aufeinander platziert, sowie vernagelt und verschraubt. Am Ende dieses Prozesses stand dann ein Holzrohbau, der von vielen Spaziergänger*innen interessiert und bewundernd beobachtet wurde: Eine heutzutage nicht mehr allzu gewöhnliche Bauweise mit so viel Holz!
Und auch am Ende dieses Schrittes konnten wir feiern: Das Richtfest unseres Hauses am 21. Juli. Wir, d.h. alle zukünftigen Bewohner*innen, die Praxis Klinge 10, die im Erdgeschoss arbeiten wird, Freund*innen, Familien, Unterstützer*innen, unsere Berater*innen vom Mietshäuser Syndikat, die beteiligten Baufirmen, unser Architekt Dirk Stenzel und sein Team sowie Vertreter*innen der Stadt Leipzig, des Amts für Wohnungsbau und Stadterneuerung und des Netzwerks Leipziger Freiheit kamen zusammen um bei Kuchen, Sekt und bestem Wetter das Haus zu “taufen”.
Auch in der zweiten Hälfte des Jahres ging es Schritt für Schritt kontinuierlich weiter: Wände, Fenster, Türen, Innenwände, Strom- und Wasserleitungen, Fassadenarbeiten. Auch wir selbst waren immer wieder erstaunt, wie schnell es auf der einen Seite voran geht und wie begeistert wir auf der anderen Seite von jedem weiteren Schritt nach vorne waren. Denn wenn sich nach jahrelanger Vorbereitung die Möglichkeit ergibt, in dem Raum zu stehen, die Wände abzulaufen und aus dem Fenster zu schauen, den man sich so lange schon vorgestellt hat, dann ist das ein tolles Gefühl und steigert ebenso stark die Vorfreude auf die nächsten Schritte.
Die Gruppe
Auch in der Gruppe der Menschen der Klinge 10 wurde viel gearbeitet und hat sich einiges getan. Wir arbeiten seit nunmehr knapp 1,5 Jahren in Arbeitsgruppen zusammen, die sich mind. alle zwei Wochen treffen. Zu diesen AGs kommt dann noch im selben Rhythmus ein Gesamtplenum dazu sowie seit ca. zwei Monaten eine Baustellenbesichtigung alle zwei Wochen am Freitag um 16 Uhr. (Falls ihr mal bei der Besichtigung dabei sein wollt, könnt ihr euch gerne melden!) Eine ganze Menge Zeit und Energie, die wir also in unser Projekt stecken. Das dabei nicht immer alles glatt und harmonisch verläuft konnten wir u.a. an zwei Abgängen in diesem Jahr erkennen.
Um diese freien Kapazitäten an Zeit und Energie aufzufangen, aber natürlich auch um den noch freien Wohnraum zu nutzen werden wir in Zukunft auch wieder aktiver auf Bewohner*innensuche gehen. Was in der letzten Zeit aufgrund des Baus, verschiedenster Eigenleistungen und dem Leben an sich etwas auf der Strecke geblieben ist… Doch spätestens zum Einzug im Sommer 2023 wollen wir alle Wohnräume besetzt und somit unsere Gruppe vervollständigt haben.
Unsere zukünftigen Mitbewohner*innen kommen dann auch bspw. in den Genuss bei Workshopwochenenden oder -tagen mit dabei zu sein, wie sie auch 2022 (leider nur) zweimal stattgefunden haben: In einem Arbeitsrahmen treffen wir uns und nehmen uns Zeit bestimmte Themen etwas ausführlicher zu besprechen, Entscheidungen zu treffen und natürlich auch um gemeinsam zu kochen, am Feuer zu sitzen, baden zu gehen, Blödsinn zu quatschen oder Kartenspiele zu spielen – genauso wie wir es später gemeinsam im Haus machen wollen.
Praxis Klinge 10 – interdisziplinäres therapeutisches Kollektiv
Die Kollektivistas der Praxis Klinge 10, die unsere Gewerberäume ab Fertigstellung mieten werden, hatten ebenfalls ein arbeitsreiches Jahr: Die Gruppe trifft sich schon seit 4 Jahren und setzt sich seitdem damit auseinander, wie sie solidarisch zusammen arbeiten wollen. Dieses Jahr wurden sie zum Thema Geld geworkshopt, mehrfach zu verschiedenen Themen beraten und und es gab Plenas mit inhaltlichen Auseinandersetzungen.
2023 geht es dann in den Endpsurt, bei dem die Rechtsform gefunden wird, der Finanz- und Businessplan fertig gestellt wird und die Praxisgründung in die letzten Züge kommt. Die aktuellen Mitglieder wollen u.a. Physiotherapie, Osteopathie, Gestalttherapie, Systemische Beratung und Traditionelle Chinesische Medizin in den Gewerberäumen anbieten.
Die Finanzen
Für unsere Finanz-AG war das Jahr 2022 das erste Jahr, indem keine Woche ohne Rechnung (durchschnittlich eher drei pro Woche) verging und dementsprechend verarbeitet werden musste: Rechnung erfassen, prüfen, überweisen und in sämtliche Kostenüberwachungssysteme eintragen, dazu Direktkreditgeber*innen, die GLS Bank und andere Förderer mit auf dem Schirm haben. Insgesamt haben wir dabei im Jahr 2022 ca. 1,5 Mio. Euro ausgegeben. (Und immerhin fast 30.000 Euro durch Skonto gespart.) Da schon abzusehen war, dass diese Aufgaben Zeit benötigen und wir als GmbH auch an spezielle Gesetze gebunden sind, die teilweise erhebliches Neuland für uns sind, haben wir uns zu Beginn des Jahres eine Steuerberatungsfirma als Partner*in dazu geholt: Den Jahresabschluss, Umsatzsteuererklärung und Kommunikation mit ELSTER sind nun nicht mehr direkt auf unserem Schreibtisch. Durchaus eine Erleichterung!
Im Bereich der Direktkredite (DK) müssen wir uns vor allem bei allen Menschen bedanken, die uns entweder seit Jahren mit DKs unterstützen oder dieses Jahr neu mit dazu gekommen sind. DANKE! Ohne euch wäre unsere Idee niemals so groß geworden und wir könnten heute nicht davon träumen Weihnachten und Sylvester 2023 in unserem Haus zu feiern.
Dazu kommen noch zwei weitere Spezialitäten im Jahr 2022: Unter anderem unterstützt uns seit diesem Jahr die Bewegungsstiftung mit einem DK über 120.000 EUR und auch beim Mietshäuser Syndikat konnten wir einen DK über 10.000 EUR vereinbaren. Auch hier gilt: Danke für das Vertrauen und die Unterstützung! Die Konditionen lassen uns bei weitem mehr Freiraum als dies eine konventionelle Bank machen könnte.
Ausblick 2023
Soviel steht fest: Wir wollen 2023 in unser Haus einziehen!
Doch bis es soweit ist, sind auch noch ein, zwei Dinge zu erledigen: Neben vielen bautechnischen Fragen, die noch von uns als Gruppe beantwortet werden müssen, gilt es auch konkrete Idee der Umsetzung der “Nebenbaustellen” zu entwickeln und vielleicht sogar schon umzusetzen: Wie gestalten wir unseren Garten/Hof und die Dachterrasse? Schaffen wir es noch die Finanzierung von Fahrstuhl und/oder Photovoltaikanlage zu stemmen? Welche Farben haben die Fliesen im Bad und legen wir diese eigentlich selbst? Und heißt es in den Gemeinschaftsküchen dann eigentlich die, der oder das Nutella?
Wir freuen uns auf jeden Fall auf das neue Jahr, was viel Arbeit aber auch viel Freude für uns mitbringen wird! Seid gerne mit dabei, abonniert unseren Newsletter, schaut regelmäßig im Bautagebuch vorbei und erzählt weiterhin Freund*innen, dass es uns gibt und dass wir auch weiterhin auf Direktkredite angewiesen sind. Denn: Lieber 1000 Freund*innen im Rücken als eine Bank im Nacken. 😉