Jahresrückblick 2022

Was für ein ereignisreiches Jahr für unsere Hausprojektgruppe! Nachdem wir Ende 2017 mit der Planung eines gemeinschaftlichen Wohnhauses begonnen haben und Anfang Januar 2021 der Bauantrag eingereicht werden konnte, wurde zu Beginn des Jahres 2022 endlich angefangen auf unserem Grundstück etwas zu tun. Und schaut man sich nun die Baustelle an … 🙂

Unsere Baustelle zum Ende des Jahres 2022.

Das Offensichtliche zuerst: Die Baustelle

Wenn wir es genau nehmen, wurden bereits im Dezember 2021 die ersten Schritte getan. Eine Zisterne wurde im Boden versenkt, die uns in Zukunft mit Regenwasser für unsere Toiletten versorgen wird.

Erste Baggerarbeiten im Januar 2022.

Danach ging es weiter das Fundament auszubuddeln. Dabei kamen nicht nur die alten Klinkersteine wieder zum Vorschein, von denen wir einen Teil recycelt haben um unsere Fassade im Erdgeschoss damit zu verkleiden, sondern auch eher nicht so schöne Dinge, wie eine nicht unerhebliche Menge Sondermüll, die so nicht vorgesehen war.

Recycelte Steine, die wir im Frühjahr 2022 gesäubert haben.

Nachdem dies entsorgt werden konnte, begannen auch sofort die Arbeiten am Fundament des Hauses, welches im Juni fertiggestellt werden konnte. Zum Abschluss dieser Arbeiten – der offiziellen Grundsteinlegung – konnten wir im Mai auch eine Zeitkapsel versenken. Auf allerlei schöne Dinge können sich die Menschen freuen, die diese in ferner, ferner, ferner Zukunft einmal öffnen werden. 🙂

Mai 2022: Das kommt gleich alles in unsere Zeitkapsel.

Wenn das Fundament fertig ist, beginnt auch sogleich der Rohbau. Die Holzelemente, die für uns im Werk vorbereitet wurden, wurden aufgestellt, ineinander verzahnt, aufeinander platziert, sowie vernagelt und verschraubt. Am Ende dieses Prozesses stand dann ein Holzrohbau, der von vielen Spaziergänger*innen interessiert und bewundernd beobachtet wurde: Eine heutzutage nicht mehr allzu gewöhnliche Bauweise mit so viel Holz!

Drohenaufnahme des Grundstücks vom Mai 2022.

Und auch am Ende dieses Schrittes konnten wir feiern: Das Richtfest unseres Hauses am 21. Juli. Wir, d.h. alle zukünftigen Bewohner*innen, die Praxis Klinge 10, die im Erdgeschoss arbeiten wird, Freund*innen, Familien, Unterstützer*innen, unsere Berater*innen vom Mietshäuser Syndikat, die beteiligten Baufirmen, unser Architekt Dirk Stenzel und sein Team sowie Vertreter*innen der Stadt Leipzig, des Amts für Wohnungsbau und Stadterneuerung und des Netzwerks Leipziger Freiheit kamen zusammen um bei Kuchen, Sekt und bestem Wetter das Haus zu “taufen”.

Der Rohbau zum Richtfest im Juni 2022.

Auch in der zweiten Hälfte des Jahres ging es Schritt für Schritt kontinuierlich weiter: Wände, Fenster, Türen, Innenwände, Strom- und Wasserleitungen, Fassadenarbeiten. Auch wir selbst waren immer wieder erstaunt, wie schnell es auf der einen Seite voran geht und wie begeistert wir auf der anderen Seite von jedem weiteren Schritt nach vorne waren. Denn wenn sich nach jahrelanger Vorbereitung die Möglichkeit ergibt, in dem Raum zu stehen, die Wände abzulaufen und aus dem Fenster zu schauen, den man sich so lange schon vorgestellt hat, dann ist das ein tolles Gefühl und steigert ebenso stark die Vorfreude auf die nächsten Schritte.

Ein Blick in einen sonnendurchfluteten Gemeinschaftsraum in der Klinge 10 im Oktober.

Die Gruppe

Auch in der Gruppe der Menschen der Klinge 10 wurde viel gearbeitet und hat sich einiges getan. Wir arbeiten seit nunmehr knapp 1,5 Jahren in Arbeitsgruppen zusammen, die sich mind. alle zwei Wochen treffen. Zu diesen AGs kommt dann noch im selben Rhythmus ein Gesamtplenum dazu sowie seit ca. zwei Monaten eine Baustellenbesichtigung alle zwei Wochen am Freitag um 16 Uhr. (Falls ihr mal bei der Besichtigung dabei sein wollt, könnt ihr euch gerne melden!) Eine ganze Menge Zeit und Energie, die wir also in unser Projekt stecken. Das dabei nicht immer alles glatt und harmonisch verläuft konnten wir u.a. an zwei Abgängen in diesem Jahr erkennen.

Plenum auf der Baustelle Ende September 2022.

Um diese freien Kapazitäten an Zeit und Energie aufzufangen, aber natürlich auch um den noch freien Wohnraum zu nutzen werden wir in Zukunft auch wieder aktiver auf Bewohner*innensuche gehen. Was in der letzten Zeit aufgrund des Baus, verschiedenster Eigenleistungen und dem Leben an sich etwas auf der Strecke geblieben ist… Doch spätestens zum Einzug im Sommer 2023 wollen wir alle Wohnräume besetzt und somit unsere Gruppe vervollständigt haben.

Unsere zukünftigen Mitbewohner*innen kommen dann auch bspw. in den Genuss bei Workshopwochenenden oder -tagen mit dabei zu sein, wie sie auch 2022 (leider nur) zweimal stattgefunden haben: In einem Arbeitsrahmen treffen wir uns und nehmen uns Zeit bestimmte Themen etwas ausführlicher zu besprechen, Entscheidungen zu treffen und natürlich auch um gemeinsam zu kochen, am Feuer zu sitzen, baden zu gehen, Blödsinn zu quatschen oder Kartenspiele zu spielen – genauso wie wir es später gemeinsam im Haus machen wollen.

Gruppenfoto beim Workshop-Wochenende in Pegau im Juni 2022.

Praxis Klinge 10 – interdisziplinäres therapeutisches Kollektiv

Die Kollektivistas der Praxis Klinge 10, die unsere Gewerberäume ab Fertigstellung mieten werden, hatten ebenfalls ein arbeitsreiches Jahr: Die Gruppe trifft sich schon seit 4 Jahren und setzt sich seitdem damit auseinander, wie sie solidarisch zusammen arbeiten wollen. Dieses Jahr wurden sie zum Thema Geld geworkshopt, mehrfach zu verschiedenen Themen beraten und und es gab Plenas mit inhaltlichen Auseinandersetzungen.

2023 geht es dann in den Endpsurt, bei dem die Rechtsform gefunden wird, der Finanz- und Businessplan fertig gestellt wird und die Praxisgründung in die letzten Züge kommt. Die aktuellen Mitglieder wollen u.a. Physiotherapie, Osteopathie, Gestalttherapie, Systemische Beratung und Traditionelle Chinesische Medizin in den Gewerberäumen anbieten.

Die Finanzen

Für unsere Finanz-AG war das Jahr 2022 das erste Jahr, indem keine Woche ohne Rechnung (durchschnittlich eher drei pro Woche) verging und dementsprechend verarbeitet werden musste: Rechnung erfassen, prüfen, überweisen und in sämtliche Kostenüberwachungssysteme eintragen, dazu Direktkreditgeber*innen, die GLS Bank und andere Förderer mit auf dem Schirm haben. Insgesamt haben wir dabei im Jahr 2022 ca. 1,5 Mio. Euro ausgegeben. (Und immerhin fast 30.000 Euro durch Skonto gespart.) Da schon abzusehen war, dass diese Aufgaben Zeit benötigen und wir als GmbH auch an spezielle Gesetze gebunden sind, die teilweise erhebliches Neuland für uns sind, haben wir uns zu Beginn des Jahres eine Steuerberatungsfirma als Partner*in dazu geholt: Den Jahresabschluss, Umsatzsteuererklärung und Kommunikation mit ELSTER sind nun nicht mehr direkt auf unserem Schreibtisch. Durchaus eine Erleichterung!

Im Bereich der Direktkredite (DK) müssen wir uns vor allem bei allen Menschen bedanken, die uns entweder seit Jahren mit DKs unterstützen oder dieses Jahr neu mit dazu gekommen sind. DANKE! Ohne euch wäre unsere Idee niemals so groß geworden und wir könnten heute nicht davon träumen Weihnachten und Sylvester 2023 in unserem Haus zu feiern.

Dazu kommen noch zwei weitere Spezialitäten im Jahr 2022: Unter anderem unterstützt uns seit diesem Jahr die Bewegungsstiftung mit einem DK über 120.000 EUR und auch beim Mietshäuser Syndikat konnten wir einen DK über 10.000 EUR vereinbaren. Auch hier gilt: Danke für das Vertrauen und die Unterstützung! Die Konditionen lassen uns bei weitem mehr Freiraum als dies eine konventionelle Bank machen könnte.

Auch so lassen sich die Finanzen regeln: Arbeiten in Eigenleistung im November 2022.

Ausblick 2023

Soviel steht fest: Wir wollen 2023 in unser Haus einziehen!

Doch bis es soweit ist, sind auch noch ein, zwei Dinge zu erledigen: Neben vielen bautechnischen Fragen, die noch von uns als Gruppe beantwortet werden müssen, gilt es auch konkrete Idee der Umsetzung der “Nebenbaustellen” zu entwickeln und vielleicht sogar schon umzusetzen: Wie gestalten wir unseren Garten/Hof und die Dachterrasse? Schaffen wir es noch die Finanzierung von Fahrstuhl und/oder Photovoltaikanlage zu stemmen? Welche Farben haben die Fliesen im Bad und legen wir diese eigentlich selbst? Und heißt es in den Gemeinschaftsküchen dann eigentlich die, der oder das Nutella?

Wir freuen uns auf jeden Fall auf das neue Jahr, was viel Arbeit aber auch viel Freude für uns mitbringen wird! Seid gerne mit dabei, abonniert unseren Newsletter, schaut regelmäßig im Bautagebuch vorbei und erzählt weiterhin Freund*innen, dass es uns gibt und dass wir auch weiterhin auf Direktkredite angewiesen sind. Denn: Lieber 1000 Freund*innen im Rücken als eine Bank im Nacken. 😉

Unsere Baustelle Ende November 2022.

Solidarität in Zeiten von Corona – und danach!

Wir sind derzeit umgeben von Aufrufen zum solidarischen Miteinander. Sei es im Kleinen in Bezug auf Nachbarschaftshilfen oder im Großen in Bezug auf Vergemeinschaftung von Schulden. Vielen Menschen ist die Coronakrise Anlass, Gesellschaft und insbesondere Wirtschaft neu zu denken. Wir finden: zu Recht!

Uns ist der Wert solidarischer Strukturen nicht erst seit März dieses Jahres bekannt. Seit Beginn unseres Neubauprojekts begleitet uns die Frage, wie wir eine Hausgemeinschaft erschaffen, die Solidarität (vor-)lebt. Das konsequente Ausloten und Verhandeln dieser Frage ist unsere gemeinsame Richtschnur und zentrales Element unseres Selbstverständnis:

„Wir wollen gemeinschaftlich und solidarisch zusammen wohnen und leben. Nicht neben- oder gegeneinander, sondern miteinander. Solidarität soll unsere Antwort auf Vereinzelung, Konkurrenz, Unterdrückung und Diskriminierung sein.
Konzepte und Verhaltensweisen, die im Mainstream der Gesellschaft als gegeben angenommen werden, sind für uns nicht selbstverständlich, sondern hinterfragbar. Das Hausprojekt soll den Raum schaffen, alternative Wege des Zusammenlebens zu erforschen und unsere geeigneten Umgangsweisen mit den Bedürfnissen der Bewohner*innen der Klingenstraße 10 zu finden.“

Damit wir umsetzen können, was wir uns vorstellen, danken wir allen, die uns auf dem Weg dahin bereits Direktkredite gegeben haben.

Doch wir brauchen auch weiterhin Unterstützung! Für den Bau der Klinge10 benötigen wir knapp 320.000 Euro für den Eigenanteil bei der Bank. Unterstützen kannst du uns, indem du uns einen Direktkredit (ab 500 Euro) zur Verfügung stellst.

Lasst uns gemeinsam die Zukunft vorwegnehmen – sozial, solidarisch, nachhaltig – damit Solidarität nicht nur zu Zeiten von Corona gelebt wird!

Bleibt gesund!
Eure Klinge10

Leipziger Aufruf zum Housing Action Day am 28.03.2020

*Leipziger Aufruf zum Housing Action Day am 28.03.2020*

von Leipzig für Alle: Aktionsbündnis Wohnen

Unsere Wohnungen werden teuer saniert oder modernisiert und wir erhalten Mieterhöhungen. Meist zahlen wir jedoch ohne ersichtlichen Grund immer mehr von unserem Einkommen für die Miete. Mit Kündigungen und Eigenbedarfsklagen werden wir aus unseren Wohnungen gedrängt. Anstatt dringend benötigter bezahlbarer Wohnraum entstehen in unseren Städten Büros, Hotels und Luxus-Apartments. Wir werden aus unseren Wohnungen aus unseren Vierteln gerissen, einige von uns gewaltsam zwangsgeräumt und auf die Straße gesetzt. Die Wohnungslosen unter uns sind gezwungen unter unwürdigen Bedingungen zu leben.

*Wir widersetzen uns dem Profithandel mit unseren Mieten! Solidarisch vereint stoppen wir den Ausverkauf unserer Städte!*

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